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0603 522
Vertiefende Analyse des Unfallgeschehens älterer Fahrzeugführer
82.711
IDN 0
Forschungsstelle Fraunhofer Gesellschaft, Dresden
Bearbeiter Pohle, M.
Strauzenberg, N.
Auftraggeber Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
Stand Abschluss: Januar 2022

Häufig wird aufgrund altersbedingter Veränderungen ein erhöhtes Unfallrisiko älterer Autofahrender angenommen. Eine solche defizitorientierte Betrachtung fördert den negativen Stereotyp des älteren Autofahrenden und vernachlässigt den Aspekt der Kompensation. Tatsächlich aber fehlen Daten, die einen direkten Zusammenhang zwischen bestehenden Defiziten und dem Unfallgeschehen aufzeigen. Im vorliegenden Bericht wird daher auf Basis einer Literaturrecherche detailliert auf die altersbedingten Veränderungen im Bereich der Sensorik, Kognition und Motorik und deren Auswirkungen auf die Fahrkompetenz eingegangen als auch der Einfluss von Erkrankungen und Medikation sowie deren Einfluss auf die Fahrkompetenz erörtert, um aktuelle und zukünftige Problemfelder ableiten zu können. Auch Kompensationsmöglichkeiten werden beleuchtet. Aus den Erkenntnissen einer umfangreichen Literaturrecherche wurden im nächsten Schritt relevante Hypothesen zu Ursachen und Wirkung im Bereich der Verkehrssicherheit entwickelt. Die Prüfung der Hypothesen erfolgte im Anschluss anhand der Datenanalyse der German In-Depth Accident Study (GIDAS) sowie der speziellen Analysemethodik ACAS – Accident Causation Analysis System der Medizinischen Hochschule Hannover (OTTE et al., 2009) mit dem Ziel, vertiefende, aktuelle Erkenntnisse zu Unfallursachen sowie zu Unfallspezifika der Verkehrsteilnehmergruppe älterer Autofahrender zu gewinnen. Hierbei ist anzumerken, dass ausschließlich Unfälle mit mindestens einer verletzten Person erfasst werden. Es sind also keine Aussagen bezüglich Unfälle mit "lediglich" Sachschaden möglich. Insgesamt zeigt sich auf der Grundlage der durchgeführten Unfallanalysen, dass ältere Pkw-Fahrende nicht generell eine Verkehrsteilnehmergruppe darstellen, von der ein Risiko für die Verkehrssicherheit sowohl für sich selbst und/oder andere ausgeht. Dennoch konnten die Ergebnisse auch einige Erkenntnisse bisheriger Studien zum Unfallgeschehen älterer Pkw-Fahrender stützen. Ein zentraler Befund, welcher den Erwartungen bezüglich altersbedingter Veränderungen entspricht, ist ein erhöhter Anteil von Unfällen aufgrund alters- und krankheitsbedingter Einschränkungen (zum Beispiel Demenz). So bestätigte die vertiefende Unfalldatenanalyse unter anderem, dass ältere Pkw-Fahrende häufiger aufgrund von Blendung durch Sonne beziehungsweise andere Fahrzeuge sowie infolge einer Vielzahl beziehungsweise Überzahl von Informationen (ACAS Code "komplexer Informationen") verunglücken.

Veröffentlichung Strauzenberg, N.; Pohle, M.: Vertiefende Analyse des Unfallgeschehens älterer Fahrzeugführer. Bremen: Fachverlag NW im Carl Schünemann Verlag, 2023, 100 S. (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Mensch und Sicherheit H. M 342). - ISBN 978-3-95606-764-8. -